Aktuelle Lage

Wir, die eritreischen Asylsuchenden mit dem Status „F-vorläufig Aufgenommene“, sind besonders stark von der Passbeschaffungspflicht in der Schweiz betroffen. Obwohl viele von uns gut integriert sind – wir arbeiten, besuchen Deutschkurse, absolvieren Ausbildungen und nehmen am gesellschaftlichen Leben teil –, stoßen wir auf administrative Hürden, die uns vor große Herausforderungen stellen.

Die Schweizer Behörden verlangen, dass wir einen von der eritreischen Botschaft ausgestellten Pass vorlegen, um grundlegende Angelegenheiten zu regeln, wie:

  • die Heirat in der Schweiz,
  • die Registrierung eines neugeborenen Kindes,
  • den Antrag auf einen B-Ausweis,
  • oder andere administrativ wichtige Verfahren.

Warum ist die Passbeschaffung ein Problem?

Für uns bedeutet die Passbeschaffung eine erzwungene Zusammenarbeit mit der eritreischen Diktatur, von der wir geflohen sind. Die eritreische Botschaft stellt strenge und erniedrigende Anforderungen:

  1. Preisgabe sensibler Informationen: Die Botschaft verlangt detaillierte Angaben über unsere Familie und Herkunft. Diese Informationen werden oft genutzt, um unsere zurückgebliebenen Angehörigen in Eritrea zu bedrohen oder zu bestrafen, wenn wir uns in der Schweiz regierungskritisch äußern.
  2. Unterzeichnung einer Reueerklärung: Wir müssen schriftlich erklären, dass unsere Flucht ein Fehler war, diesen bedauern und uns bereit erklären, jede Strafe des Regimes zu akzeptieren.
  3. Zahlung einer Diasporasteuer: Die Diasporasteuer beträgt 2 % unseres Einkommens, rückwirkend ab unserer Ankunft in der Schweiz. Diese Steuer fließt direkt an das Regime und finanziert dessen Machtausbau.

Die Passbeschaffung bedeutet für uns daher nicht nur eine Kooperation mit der Diktatur, sondern birgt auch konkrete Risiken für uns und unsere Familien.

Die Folgen der Passbeschaffungspflicht

  • Rechtliche und soziale Nachteile: Die Weigerung, einen Pass zu beantragen, führt dazu, dass wir unsere rechtliche Situation nicht verbessern können. Ohne einen B-Ausweis oder andere Dokumente bleibt unser Aufenthaltsstatus ungewiss.
  • Moralischer Konflikt: Wir sollen mit einem Regime zusammenarbeiten, das uns zur Flucht gezwungen hat. Dies widerspricht unseren Prinzipien und untergräbt unseren Schutzanspruch.

Transnationale Repression

Die eritreische Regierung ist bekannt für ihre systematische transnationale Repression, also die Überwachung, Kontrolle und Einschüchterung ihrer Diaspora im Ausland. Auch in der Schweiz sind wir davon betroffen.

Wie funktioniert transnationale Repression?

  1. Überwachung durch Netzwerke: Regimetreue Organisationen wie die YPFDJ (Young People’s Front for Democracy and Justice), die der Regierungspartei PFDJ nahesteht, überwachen Exilant:innen in der Schweiz. Regierungskritische Personen werden dokumentiert und gemeldet.
  2. Einfluss der Botschaft: Die eritreische Botschaft in Genf dient als zentraler Akteur der transnationalen Repression. Sie nutzt die Passbeschaffung und die Diasporasteuer, um Druck auszuüben und Loyalität zu erzwingen.
  3. Einschüchterung und Drohungen: Familien in Eritrea werden bedroht, inhaftiert oder anderweitig unter Druck gesetzt, wenn Exilant:innen sich kritisch gegenüber dem Regime äußern.
  4. Spaltung der Diaspora: Regimetreue Veranstaltungen in der Schweiz dienen nicht nur der Propaganda, sondern auch der Isolation und Kontrolle von Kritiker:innen. Diese Veranstaltungen schaffen ein Klima der Angst, da sie häufig überwacht werden.

Konkrete Auswirkungen in der Schweiz

  • Einschüchterung: Oppositionelle fühlen sich beobachtet und bedroht, selbst bei friedlichen Demonstrationen oder politischen Veranstaltungen.
  • Isolation: Die Angst vor Überwachung und Bestrafung erschwert das soziale Leben und die Integration.
  • Finanzielle und moralische Belastung: Die Zahlung der Diasporasteuer und die erzwungene Zusammenarbeit mit dem Regime verstärken die Abhängigkeit und Kontrolle.

Unsere Forderungen

Wir appellieren an die Schweizer Behörden, diese Situation zu berücksichtigen und aktiv Massnahmen zu ergreifen:

  1. Abschaffung der Passbeschaffungspflicht: Vorläufig Aufgenommene sollten nicht zur Kooperation mit einem repressiven Regime gezwungen werden, das für ihre Flucht verantwortlich ist.
  2. Regulierung der eritreischen Botschaft: Die Aktivitäten der Botschaft und regimetre